Corona Bedingte Kündigung München

In meiner täglichen arbeitsrechtlichen Praxis merke ich, dass sehr viele Fragen aufgetaucht sind durch den neuen Virus und der damit verbundenen coronabedingten Kündigung. Und es sind tatsächlich viele neue Situationen entstanden, die neue Antworten erfordern.

Gibt es eine coronabedingte Kündigung?

Klare Antwort: Jein.
Derzeit werden ganz viele Sachverhalte mit dem Schlagwort „Corona“ begründet. So einfach ist das aber nicht.

Vorfrage: gilt das Kündigungsschutzgesetz?

Im Grundsatz ist erst einmal zu unterscheiden, ob das Kündigungsschutzgesetz gilt oder nicht.
Das hängt davon ab, ob im Betrieb mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigt sind, wobei Mitarbeiter bis zu 20 Wochenstunden mit 0,5 gerechnet werden (also auch sogenannte geringfügig Beschäftigte) bis zu 30 Wochenstunden dann mit 0,75 und darüber mit dem Faktor 1,0.
Das ist teilweise keine einfache Rechnung, denn es muss sehr sorgfältig geprüft werden, welche Mitarbeiter im Betrieb tätig sind. Einzurechnen sind beispielsweise auch angestellte Reinigungskräfte, die oft vergessen werden.

Wenn das Kündigungschutzgesetz nicht gilt, dann kann der Arbeitgeber bis auf wenige Sonderfälle frei kündigen.

Gilt das Kündigungsschutzgesetz aber, so benötigt der Arbeitgeber für eine wirksame Kündigung einen besonderen Grund.
Der kann betriebsbedingt in einer Unternehmerentscheidung liegen oder personenbedingt beispielsweise in einer Krankheit des Mitarbeiters, die es diesem nicht mehr erlaubt, dauerhaft weiter im Betrieb tätig zu sein oder verhaltensbedingt, weil der Mitarbeiter sich etwas zu Schulden kommen lassen hat.

Mehr zum Kündigungsschutzgesetz

In Bezug auf Corona gibt es nun 2 mögliche Begründungen

  1. krankheitsbedingte Kündigung und
  2. betriebsbedingte Kündigung

 

Krankheitsbedingte Kündigung

Eine krankheitsbedingte Kündigung kommt verkürzt gesagt nur dann in Betracht, wenn der Mitarbeiter dauerhaft so durch eine Krankheit beeinträchtigt ist, dass ein funktionierendes Arbeitsverhältnis nicht mehr zu erwarten ist.
Das wird in den Fällen einer Corona-Erkrankung erfreulicherweise selten ein Thema sein. D. h., der Arbeitgeber hat es durchaus hinzunehmen, dass ein Mitarbeiter durch eine entsprechende Krankheit auch länger ausfällt und Zeit benötigt, um wieder gesund zu werden.
Wie in vielen Fällen gilt: es handelt sich um eine individuelle Betrachtung des jeweiligen Falles. Es kann keine allgemeingültige Kategorisierung erfolgen.

 

Betriebsbedingte Kündigung

Voraussetzung ist hier eine Situation, die sich auf den Betrieb ausgewirkt hat und zu einer Unternehmerentscheidung führt, die den Wegfall des Arbeitsplatzes zur Folge hat.
Also eine durch eine erfolgte und insoweit dargelegbare unternehmerische Entscheidung begründete Veränderung (Rationalisierung, Konzeptveränderung oder Stilllegung oder etwas anderes), die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegensteht.
Die Unternehmerentscheidung muss dabei ohne unzumutbare Mehrbelastung anderer Mitarbeiter umsetzbar sein und tatsächlich auch umgesetzt werden.

Auch hier kommt es auf eine individualisierte Gesamtbetrachtung an.
Es ist zu prüfen, ob es andere freie Arbeitsplätze im Betrieb gibt, ob Zeitarbeitskräfte abgebaut werden können, ob eine Sozialauswahl zwischen vergleichbaren Mitarbeitern dazu führt, dass vorrangig andere Mitarbeiter zu kündigen sind und vieles mehr.

Es gibt zudem spezielle Vorgaben bei einer Massenentlassung, die zur Wirksamkeit der Kündigungen erst einmal bei der Agentur für Arbeit angezeigt werden muss.

Spannend in diesem Zusammenhang ist beispielsweise die Frage, ob eine Kurzarbeit im Betrieb nicht dazu führt, dass eine betriebsbedingte Kündigung erst einmal nicht mehr möglich ist. Denn wer Kurzarbeit beantragt, versichert gegenüber der Agentur für Arbeit, dass er einen nur vorübergehenden Arbeitsausfall hat, also gerade keine dauerhafte Veränderung zu erwarten ist.
Gleichwohl ist eine Kündigung denkbar, wenn sich die Situation noch einmal verschlechtert hat.
Der Arbeitgeber muss also darlegen, warum er erst einmal davon ausgegangen ist, dass der Beschäftigungsbedarf nur vorübergehend zurückgehen wird und was sich sodann geändert hat.

 

Fazit

Arbeitnehmer werden auch in der Corona-Krise durch das Kündigungsschutzgesetz geschützt.
Bei Anwendbarkeit des Gesetzes kann der Arbeitgeber ein bestehendes Arbeitsverhältnis nur dann ordentlich kündigen, wenn ein Kündigungsgrund vorliegt. Um ein Arbeitsverhältnis zu kündigen, bedarf es eines verhaltensbedingten, personenbedingten oder betriebsbedingten Kündigungsgrundes. Bei coronabedingter Kündigung aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten von Unternehmen infolge der Pandemie ist entscheidend, ob ein betriebsbedingter Kündigungsgrund vorliegt. Allein ein Hinweis auf „Corona“ oder einen Umsatzrückgang aufgrund der Pandemie reicht nicht aus, um eine betriebsbedingte Kündigung zu rechtfertigen.

 

Was tun bei einer coronabedingten Kündigung?

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass es eine sogenannte Klagefrist von 3 Wochen ab Zugang der Kündigung gibt. Wenn Sie also eine Kündigung erhalten haben, dann müssen Sie möglichst schnell dafür sorgen, dass diese Kündigung gerichtlich angegriffen wird, weil sie sonst wirksam wird.
Dann kann geprüft werden, ob die Kündigung überhaupt ausgesprochen werden durfte, ob die richtigen Kündigungsfristen eingehalten wurden und ob beispielsweise der Betriebsrat angehört wurde oder eine erforderliche vorherige Zustimmung des Integrationsamtes vorliegt.
Wenden Sie sich dazu bitte gerne an mich als Ihren Rechtsanwalt.

 

Gibt es eine Abfindung bei einer coronabedingten Kündigung?

Kurze Antwort: theoretisch meistens nicht, praktisch eigentlich immer.

Ein richtiger Abfindungsanspruch ergibt sich dann, wenn der Arbeitgeber gemäß § 1a Kündigungsschutzgesetz anbietet, dass er eine bestimmte Abfindung zahlt, soweit keine Kündigungsschutzklage erfolgt. Ein Anspruch auf Abfindung kann sich auch aus einem Sozialplan oder einer entsprechenden Betriebsvereinbarung ergeben.

Meistens ist es jedoch so, dass eigentlich kein Abfindungsanspruch besteht, der Arbeitgeber aber in der Praxis einen langjährigen Prozess scheut und daher lieber einen bestimmten Betrag bezahlt, um Rechtssicherheit in Bezug auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu erhalten.
Dies setzt aber wie gesagt voraus, dass sich die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer gegen die Kündigung mit einer Kündigungsschutzklage gewehrt haben, damit diese nicht rechtswirksam werden kann.
Es werden dann oft 0,5 Gehälter oder mehr pro Beschäftigungsjahr bezahlt, was aber der freien Verhandlung unterliegt, weshalb sich geringere oder aber auch weit höhere Beträge ergeben können.

Aufhebungsvertrag

Oft bieten Arbeitgeber den Arbeitnehmer:innen einen Aufhebungsvertrag an, der die Aufgabe des Arbeitsverhältnisses gegen eine bestimmte Abfindung vorsieht.
Achtung: dies wird in der Regel zu einer Sperrzeit wegen verschuldeter Arbeitsaufgabe im Sinne des § 159 Abs.1 Satz 2 Nr.1 SGB III führen.
Ganz abzuraten ist auch von einer Verkürzung der Kündigungsfrist.
Sollten Sie also einen Aufhebungsvertrag angeboten bekommen, wenden Sie sich bitte auf jeden Fall an einen Anwalt, damit die sozialrechtlichen Folgen eines derartigen Vertrags beurteilt werden können.

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